Neue Army-Stadt
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Nachtrag 

23.6.2010: Das US-Verteidigungsministerium gibt bekannt, dass bis 2015 alle amerikanischen Militärs aus Heidelberg abziehen werden.

28.3.2003: Der Gemeinderat Eppelheim erteilt der US-Army eine einstimmige Absage. Die Militärführung hatte von Eppelheim 36,5 Hektar Gelände zur Erweiterung von Patrick-Henry-Village angefordert.

13.1.2003: Die US-Armee hat auch ihre Geländeforderungen von 20 ha um das Flugplatzareal im Pfaffengrund zurückgezogen. 

26.11.2002: Völlig überraschend teilte der Kommandeur der US-Community Heidelberg, Colonel Robert Rush in einem Schreiben vom 25.11.02 an die Oberbürgermeisterin mit, dass die US-Streitkräfte ihr Konzept für eine großflächige Erweiterung von Patrick-Henry-Village nicht mehr weiterverfolgen werden, entsprechende Pläne seien eingestellt worden. Die US-Militärs reagierten damit auf eine Welle von Protesten, die es in den vergangenen Wochen in Heidelberg und Umgebung gegen ihre Pläne gegeben hatte. Allerdings beanspruchen die Militärs weiterhin im Gewann Gäulschlag zusätzlich 16 ha, westlich von Patrick-Henry-Village 19 ha und um das Flugplatzareal im Pfaffengrund 20 ha. 

22.6.2010: Das US-Militär gibt bekannt, dass es sich die nächsten Jahre vollständig aus Heidelberg zurückziehen wird und alle Standorte aufgeben wird. Die bisher rund 180 ha militärisch genutzten Flächen in Heidelberg können danach einer zivilen Nutzung zugeführt werden.

Neues US-Sperrgebiet zwischen Heidelberg und Schwetzingen ?

Anfang Oktober 2002 wurden Pläne des US-Militärs bekannt, im Südwesten Heidelbergs eine neue Stadt zu errichten. Die blaue Umrandung in der nachfolgenden Grafik (Repro: RNZ) zeigt die geplante Ausdehnung in einer Größe von ca. 400 ha oder 4 km2 östlich und westlich der bestehenden amerikanischen Siedlung Patrick-Henry-Village. Ein Gebiet von 400 Hektar entspräche vierzehn Prozent der derzeit bebauten Fläche Heidelbergs - mehr als die Stadtteile Altstadt, Bergheim, Boxberg und Emmertsgrund zusammen. In dieser neuen Stadt sollen u.a. aus Sicherheitsgründen Aktivitäten der US-Amerikaner im Heidelberger Raum zusammengefasst werden. Aus diesem Grund würde die Stadt vollständig mit einer Sicherheitsmauer, einem Stacheldrahtzaun und einem 42 m breiten Schussfeld umgeben. Das gesamte Sperrgebiet wäre für normale Bürger nicht mehr betret- und passierbar. 

Alle bisher von amerikanischen Militärs in Heidelberg belegten Flächen incl. Patrick-Henry-Village addieren sich auf 198,8 ha. Davon betragen die Flächen außerhalb von Patrick-Henry-Village 90 ha. Die jetzt bekannt gewordenen Gebietsansprüche der US-Militärs von 400 ha sind also mehr als 4 mal so groß wie alle amerikanischen Flächen in Heidelberg (außer PHV) zusammen ! Zusätzlich zur Verlagerung amerikanischer Wohnsiedlungen aus der Südstadt und Rohrbach sollen auf dem Areal neue und zusätzliche Einrichtungen des US-Militärs gebaut werden. Das Projekt wäre das größte Bauprojekt der US-Army in Europa in den letzten Jahrzehnten.

Diese von der RNZ gezeichnete Karte ist nicht der einzige vorliegende Plan. Aus dem August 2002 stammt die nachfolgende interne Karte der US-Militärs. (Die Karte läßt sich durch anklicken in einem neuen Fenster vergrössern.) Die rot markierten Flächen würden ca. 560 ha oder 5,6 km2 und damit einen Großteil der Freiflächen zwischen Oftersheim, Plankstadt, Eppelheim und Kirchheim umfassen. Zusammen mit den heute schon besetzten Flächen Patrick-Henry-Village und Flugplatz wäre dies ein Areal von 700 ha. Dies entspräche den heute bebauten Flächen von Altstadt, Bergheim, Weststadt und Pfaffengrund zusammen !

Das Konzept einer solchen Bebauung widerspricht sämtlichen bisher beschlossenen Plänen Heidelbergs und der Rhein-Neckar-Region,  u.a. 

bulletdem bestehenden und dem neuen geplanten Flächennutzungsplan
bulletdem Stadtentwicklungsplan
bulletdem Modell Räumliche Ordnung
bulletdem Siedlungsstrukturkonzept
bulletdem Dichteplan
bulletdem Freiflächenstrukturkonzept
bulletdem Umweltplan 

 

Die Absichten der US-Militärs sind in keinem einzigen Plan Heidelbergs oder der Region enthalten. Der Städtebauliche Leitplan (s.Grafik unten) des Siedlungsstrukturkonzepts der Stadt Heidelberg definiert das Areal als landwirtschaftlich geprägte Flächen, die von Bebauung freigehalten werden sollen. Das Modell Räumliche Ordnung sieht hier einen regional bedeutsamen Grünzug mit landwirtschaftlicher Nutzung vor. 

Das Gebiet liegt fast vollständig im Wirkungsbereich der Neckartalabwinde, die besonders bei schwülen Wetterlagen im Sommer für eine Durchlüftung der Rheinebene mit sauberer und kühler Luft aus den Tälern des Odenwalds sorgen. Eine Bebauung würde diese wichtige klimatologische Funktion beeinträchtigen. Die gesamte Fläche beherbergt ein wichtiges Trinkwasserreservoir und hat eine besondere Bedeutung für die Grundwasserneubildung. Auch diese Funktion ist mit einer Bebauung nicht verträglich. 

Derzeit liegt der Stadt Heidelberg eine offizielle Flächenanforderung des US-Militärs von 19,8 Hektar im Westen von Patrick-Henry-Village vor. Diese wurde von der Stadtverwaltung abgelehnt, da sie den Beginn einer "Salamitaktik" befürchtet. Es ist durchaus möglich, dass die amerikanische Administration nun eine andere, altbewährte Taktik fährt: Wenn man viel will, ist es sinnvoll, das Maximale zu fordern, auch wenn es unrealistisch ist. (Ursprünglich war sogar von 710 Hektar die Rede gewesen) Bei dem zu erwartenden Widerstand kann man dann irgendwann nachgeben und einen "Kompromiss" über genau das schließen, was man von Anfang an wollte. Im Gemeinderat sind bereits jetzt Stimmen von zwei Parteien zu hören, dass man froh wäre, wenn es etwas kleiner komme als "geplant". Ein solcher "Kompromiss" könnte dann von allen Seiten sogar als "Erfolg" verkauft werden.


Landbeschaffungsgesetz von 1957 

Im Zusammenhang mit der Planung der neuen Army-Stadt wurde verschiedentlich die Meinung geäußert, aufgrund des Landbeschaffungsgesetzes vom 23.2.1957 könnten die amerikanischen Pläne nicht verhindert werden, die betroffenen Landwirte könnten sogar von amerikanischen Dienststellen enteignet werden. 

Beides entspricht nicht der Realität.

Das von den US-Militärs beanspruchte Gebiet wäre im Falle einer militärischen Nutzung kein amerikanisches, sondern nach wie vor bundesdeutsches Hoheitsgebiet. Die USA hätten dort lediglich ein völkerrechtlich vereinbartes Nutzungs-, aber kein Eigentumsrecht. Diese Sachverhalte sind im NATO-Truppenstatut Artikel II sowie Artikel IX Abs. 3 Satz 3, Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut: Artikel 48 sowie Artikel 53 geregelt. 

Die Landbeschaffung für militärische Zwecke der Bundeswehr wie für Verbündete im Rahmen der NATO wird durch das Landbeschaffungsgesetz geregelt. Anträge von NATO-Truppen müssen durch den Bundesverteidigungsminister genehmigt und die Verfahren durch bundesdeutsche Behörden durchgeführt werden. Für die hier in Frage stehenden Gebietsansprüche ist vor allem § 1 wichtig. Er bestimmt den Zweck des Landbeschaffungsgesetzes in "der Beschaffung von Grundstücken durch den Bund zum Zwecke der Verteidigung". Zu diesem Zweck können betroffene Grundstückseigentümer auch (durch deutsche Behörden) enteignet werden. Die entscheidende Frage wird also sein, welchem Zweck der Verteidigung die Pläne des US-Militärs dienen sollen ?

Militärischer Strategiewechsel

Zur Beurteilung des Gesamtvorhabens ist es hilfreich, die Planungen in einem größeren Rahmen zu sehen. In den letzten Monaten vollzog die derzeitige US-Administration einen tiefgreifenden militärischen Strategiewechsel, der in der am 20.9.2002 veröffentlichten neuen Sicherheitsdoktrin "The National Security Strategy of the United States" gipfelt. Darin definiert der jetzige US-Präsident Bush Angriffskriege als neues Mittel nationaler Politik. Damit fällt die neue amerikanische Außenpolitik hinter alle internationalen Vereinbarungen über Kriege des letzten Jahrhunderts zurück. (Völkerbundsatzung 1919, Kriegsächtungspakt 1928, UN-Charta 1945).

US-Präsident Bush erklärte bei der Vorstellung der neuen Doktrin im Kongress die bisherigen Sicherheitsstrategien der Eindämmung und Abschreckung offiziell für beendet. Die neue Politik setzt jetzt auf Präventivschläge als Vorbeugung gegen Attacken, während bisher das Prinzip einer abgestuften Antwort auf Angriffe galt.

Das erklärte Ziel der US-Außenpolitik soll es in Zukunft sein, jeden Angriff auf "amerikanische Ideale und Werte" mit aller Gewalt zu ahnden. Dafür soll »jedes Werkzeug eingesetzt werden, dass wir in unserem Arsenal besitzen.» Die USA sieht sich inzwischen als einzige Supermacht. Die anderen Staaten sollen sich den Zielen und Werten des "amerikanischen Internationalismus" unterordnen. Der Präsident habe nicht die Absicht, »irgendeiner ausländischen Macht zu gestatten, den riesigen (militärischen) Vorsprung aufzuholen, den die USA seit dem Fall der Sowjetunion aufgebaut« hätten, heißt es in der Doktrin. Die Sicherung und der Erhalt des Friedens werden als Ziel darin nicht erwähnt. Die "New York Times" beschreibt das neue Dokument im Inhalt und Ton als teilweise aggressiv und weitaus "muskulöser" als alle Strategiepapiere der US-Regierungen seit der Reagan-Ära.  

Dieser tiefgreifende Strategiewechsel der derzeitigen amerikanischen  Führung stößt auf vielen Ebenen auf Unverständnis und Kritik, sowohl innerhalb der NATO-Verbündeten als auch z.B. durch den diesjährigen Friedensnobelpreisträger, den früheren amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder distanzierte sich bereits vor Monaten von Angriffsplänen der US-Führung gegen den Irak ohne UNO-Mandat, am 11.10.2002 äußerte sich der Vorsitzende des norwegischen Nobelpreis-Komitees, Gunnar Berge, in ungewöhnlich kritischer Form zur derzeitigen Politik der USA. 

Die Vorbereitung eines Angriffskrieges ist nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verfassungswidrig und nach dem Strafgesetzbuch ein schweres Verbrechen:

"GRUNDGESETZ der BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

Artikel 26
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.


STRAFGESETZBUCH der BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

§ 80 Vorbereitung eines Angriffskrieges
Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
 

§ 80a Aufstacheln zum Angriffskrieg
Wer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zum Angriffskrieg (§ 80) aufstachelt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
 

§ 138 Nichtanzeige geplanter Straftaten
(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung
1. einer Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80), ...
zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." 
 

Der von der derzeitigen amerikanischen Führung vollzogene Strategiewechsel von der bisherigen Verteidigungspolitik hin zu zukünftigen Angriffskriegen erfordert auch Änderungen in der militärischen Planung. Zur Führung von Angriffskriegen um die Vorherrschaft in der Welt und um knapper werdende Rohstoffe ist es sinnvoll, die militärischen Basen auszubauen und gegen Angriffe von außen deutlich zu verstärken. Dies gilt in besonderem Maße für das Headquarter der US Army Europe in Heidelberg. Diesem Zweck dient die Entwicklung einer völlig neuen Stadt in der geplanten Größenordnung, die nur noch von Berechtigten betreten werden dürfte.

Das Landbeschaffungsgesetz sieht die Beschaffung von Grundstücken durch den Bund jedoch nur zum Zwecke der Verteidigung, nicht für die Vorbereitung zukünftiger Angriffskriege vor. Es muss die Frage gestellt und vom US-Militär und letztlich vom Bundesminister der Verteidigung beantwortet werden, welchen Zwecken der Verteidigung die Gebietsansprüche der US-Militärs dienen sollen. 

Die Folgen dieser Änderung der amerikanischen Sicherheitsdoktrin wurden bisher weder für die Zusammenarbeit innerhalb der NATO noch für die Anwendbarkeit des NATO-Truppenstatuts incl. Zusatzabkommen im Hinblick auf die direkte und indirekte Unterstützung amerikanischer Angriffskriege aufgearbeitet. Dieses Problem muss sowohl im Verfahren der Landbeschaffung als auch bei der Frage der Anwendbarkeit bisheriger Rechtssprechung über die Landbeschaffung für Gaststreitkräfte der NATO eine entscheidende Rolle spielen. Alle bisherigen Gerichtsurteile zu diesem Thema stammen aus einer Zeit, in der die amerikanische Sicherheitsdoktrin noch nicht im Widerspruch zur deutschen Verfassung stand. 

Seit dem 2. Weltkrieg ist mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen. Der "Kalte Krieg" zwischen Ost und West, der mitten durch Deutschland ging, ist seit 1989 endgültig zu Ende. Die Bedrohung durch die Länder jenseits des "Eisernen Vorhangs", weswegen die amerikanischen Streitkräfte in den letzten Jahrzehnten in Westdeutschland stationiert waren, ist endgültig vorüber. 2004 werden diese Länder in die Europäische Union aufgenommen. Es besteht heute keine Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland mehr. Die Besatzungsmächte Frankreich, Grossbritannien und Russland haben ihre Streitkräfte längst abgezogen und sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Es muss deshalb die Frage diskutiert werden, aus welchem Grund eine weitere Stationierung des US-Militärs in unserem Land langfristig aufrechterhalten oder gar noch ausgeweitet werden sollte.

Für die Verlagerung der bestehenden 700 Wohnungen von US-Militärs in der Südstadt und Rohrbach würde eine Nachverdichtung des bestehenden Stadtteils Patrick-Henry-Village nach dem Vorbild anderer Heidelberger Stadtteile ausreichen.

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